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Mittwoch, 7. August 2013

"Grüner Tisch"

Einen und einen halben Tag entfernt, von einem Stückchen daheim, versuche ich die in die Zukunft geworfenen Steine zu fangen.

Gestern kaufte ich mir einen Cowboyhut bei "Murdochs" in Salida, weil Eric sagte: "Thomas, you will need a Cowboyhat" ... recht hatte er, nix ist so gut gegen sie Sonne wie ein Cowboyhut.

Heute dann bin ich auf die "Mesa Verde" gefahren. Spanisch für der "Grüne Tisch" oder besser der "Grüne Tafelberg"
Eine Hochebene voll mit Canyons im Südwestzipfel Colorados auf/in der vor vielen Jahrhunderten und für viele Jahrhunderte Indianer lebten.

Wen die geschichtlichen Hintergründe interessieren, findet unendlich viel Material im Net.
Das brauche ich hier nicht aufkochen.

Was bleibt bei mir davon? ... ist wie immer die Frage.

Eine Karavane von Autos voll mit Touristen schleppt sich, in ewig sich windenden Serpentinen, auf die "Mesa".

Alles ist durchorganisiert wie in einer Fabrik die ComputerChips produziert und "just in time" abliefert.

Diese Organisation spiegelte sich in allem wieder was ich sah, von den perfekt gebauten Strassen über die wirklich dezenten und gut gemachten "Restrooms" (PinkelHäuschen) in strategisch geplanter Distanz voneinander und ökologisch durchdacht mit Komposttoiletten bestückt.

Der Campingplatz, eine wirklich gute Anlage, mit WiFi für alle Campsites und perfekt geharkten, ausnivellierten Plätzen.

Die Parkplätze an den jeweiligen "Attractions" ausreichen gross, mit Hinweistafeln für die jeweiligen Sehenswürdigkeiten.

Junge und gut ausgebildete "Ranger" trommeln nach kurzer Wartezeit die Gäste zusammen, erklären ihnen was es zu sehen gibt und was sie beachten müssen - sinnvolle, prakmatische Anweisungen mit ein bis drei Witzchen garniert - das Publikum kann sich nicht enthalten an der passende Stelle zu lachen - der gelangweilte Gesichtsausdruck des Rangers während des Lachens bedarf wohl keiner Erklärung.

Ich höre hier mal auf und denke es ist durchsichtig auf was ich hinaus will!?

Nichts aber auch garnichts wrd dem Zufall überlassen. Jeder - absolut jeder - Funke von Entdeckergeist oder Freude am Neuen fällt in einen ordentlich parat gestellten Kübel voll perfekt sauberem Wasser.

Zwei Erlebnisse machten mir Freude - bevor der, bis Dato geneigte Leser, mein Gemecker satt hat, will ich die noch schnell vortragen:

1. hier gibts Klapperschlangen und Bären! DAS haben sie nicht im Griff! Ich fürchte die lassen sich durch kein Reglement dazu bewegen aufzuhören zu existieren.

2. es gelingt Angesichts der Grösse dieser Hochfläche der Organisation nicht vollständig ihre Wildheit und Schönheit Einhalt zu gebieten. Trotz Massen von kurzbehosten und Baseballkappen beschützeten Touristen - es blieben Momente in denen ich wieder da stand und nur noch "Ohhh" machen konnte.
Schönheit so scheint mir, steht über all dem was Verdruss bereitet.

Das Wetter und die Landschaft retteten mir den Tag.
Ich stand auf der Seite eines der Canyons und musste wegen des hellen Sonnenlichts das Display der Kamera mit der Hand verschatten, damit ich überhaupt etwas sah, während auf der gengenüberliegenden Seite des Canyons aus schwarzen Wolken ein Regensturm  und Gewitter losbrach. Ich war so gefangen davon, ich vergass Fotos zu machen.

Die "Grüne Tafel" ist reich gedeckt, doch es sassen mir zu viele Leute am Tisch und das Essen roch nach Sonnencreme und Grossküche.

Also, bin ich obwohl der Campingplatz schon ausgewählt und bezahlt war, wieder gegangen.

In der Reception waren sie wenig erfreut, dass ich fragte ob ich mein Geld wieder haben können.
Sie fragten mich warum ... ich log, weil, um die Wahrheit zu erzählen, weder mein Englisch ausreicht noch deren Geduld.

"Business.." sagte ich " ... have to be in San Francisco tomorrow evening"

Das haben sie verstanden ... waren recht lieb, gaben mir die ganze Kohle retour, bedauerten mich ob der langen Fahrt.

"... drive careful, man" sagte ein Typ mit Bart und Cowboyhut der am Tresen rumlungerte  und grinste mich breit an ... einen Moment dachte ich ich kenne ihn ... dann drehte er sein Gesicht wieder zu seinem Rootbeer, fischte eine Fliege raus ... oder sonstwas.
Von draussen schaute ich nochmal zurück zur Bar, der Typ war samt seinem Rootbeer verschwunden, keine 10 Sekunden nachdem er mit mir gesprochen hatte.

However!  ... ich fuhr nach Cortez und verbringe die Nacht in einem schmuddeligen Hotelzimmer.

Ich liebe diese Hotels ... die billigen! ... hier ist gar nichts perfekt!

Ich sitze mit Cowboyhut im Halbdunkel, weil nur einen Lampe funktioniert, den Tisch und Stuhl mitten im Zimmer, weil sonst das Kabel vom Netbook nicht bis zur Steckddose reicht.
Bei meiner Ankuft, an der Türe, flirtete die hässlichste, junge Frau, die ich je gesehen hab, mit mir und im Zimmer  riecht  es trotz des offenen Fensters nach einer  Mischung aus Marzipan, WC-Reiniger und ... Ich-weiss-nicht-was.


Das ist ein Stück gegenwärtiges Amerika, das mir besser gefällt als ein plastifizierte Vergangenheit, deren Schauplatz verlassen wurde - vor langer Zeit.
Doch landete der Stein, den ich vor ein paar Tagen nach heute warf, nicht sinnlos irgendwo im Matsch.

Was mir sowohl Traurigkeit als auch Freude brachte, ist die Tatsache, dass die Indianer die hier lebten fortgingen bevor die Eroberer kamen. Endlich mal was an dem wir Weissen nicht Schuld sind.
Sie  gingen weil es nicht mehr genug Wasser gab, weil ihre Felder verdorrten und ihre Kinder verdursteten ... und sie kamen nie zurück. Sie hatten sicher ihre Gründe!

Sie gingen ein wenig und irgendwie aus dem gleichen Grund wie ich:
Es lässt sich nicht leben dort.

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